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Historique

Pfeifen 2.JPG

All d'Uergelen zu Eeschwëller

Die Ursprünge der Pfarrei Eschweiler reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück, eine Zeit, in der es in den luxemburgischen Ardennen nur Grosspfarreien gab, so genannte Mutterpfarreien, wie etwa Pintsch, Wiltz oder Munshausen. Eschweiler gehört also zur zweiten Schicht der Pfarreigründungen und wurde damals von Wiltz abgetrennt. Bis 1807/1808 gehörte zur Pfarrei Eschweiler ebenfalls Knaphoscheid und Selscheid.

Die jetztige Pfarrkirche, übrigens als einzige Pfarrkirche Luxemburgs dem Hl. Mauritius geweiht, wurde 1870 gebaut und 1877 konsekriert. Von der alten Kirche wurden die prächtigen Altäre übernommen, die wahrscheinlich um 1730 in der Werkstatt des bekannten Kunstschreiners und Bildhauers Jean-Georges Scholtus (um 1680-1754) in Bastnach enstanden. Der Predigtstuhl stammt ebenfalls aus der alten Kirche, die im Eingang des Dorfes (beim alten Friedhof) stand.

Im Jahre 1898 erhielt die Pfarrkirche ein neues Geläut der Firma Bour & Guenser von Metz. Die kleinste Glocke dieses Dreier-Geläutes wurde, nachdem sie 1901 gesprungen war, durch eine grosse Glocke der gleichen Giesserei ersetzt. Die Glocken erklingen seitdem im festlichen Te Deum-Motiv (Mi-Sol-La). Die zwei alten Glocken von 1650 und 1615 kamen nach Fischbach/Clerf, wo sie heute noch läuten.

Um 1900 erhielt Eschweiler seine erste Pfeifenorgel. Die Gebrüder Müller von Reifferscheid lieferte für 2'350,- Franken eine ca 200 Jahre alte Orgel, die offenbar aus einem englischen Kloster stammte. Diese Orgel hatte zunächst folgende Disposition:

 

Manual:

Bourdon 16’ - Prinzipal 8’ - Gamba 8’ - Salicional 8’ - Gedackt 8’ - Octave 4’

Fugara 4’ - Quinte 2 2/3’

Pedal angekoppelt, Schleifladen, Manualumfang C-d3; Pedalumfang C-d

 

Da diese Orgel nicht nur alt war, sondern auch über minderwertiges Material verfügte, musste sie mehrmals umgebaut, ergänzt und überholt werden. Nach einem letzten Umbau der Firma Stahlhuth-Haupt im Jahre 1931 hatte die Orgel folgende Disposition:

 

Hauptwerk (I):

Bourdon 16' - Prinzipal 8' - Gamba 8' - Harmonieflöte 4'

Nebenwerk (II):

Salicional 8' - Aeoline 8' - Fugara 8' - Octave 4' - Oktave 2'

Pedal:

angekoppelt

 

Diese Orgel erklang zum letzten Mal am Weihnachtsfest 1944 unter den Händen eines deutschen Soldaten. Während der Ardennenoffensive, im Januar 1945, wurde die Kirche und die Orgel, genau wie das übrige Dorf, schwer beschädigt. Dank einer noblen Spende der Familie Mergenthaler aus den USA, deren einziger Sohn George Othmar am 18. Dezember 1944 in der Nähe von Eschweiler fiel, und unter Vermittlung des damaligen Pfarrers Antoine Bodson, konnte eine grössere Renovierung nach Kriegsende ins Auge gefasst werden. Die Sakristei wurde vergrössert, neue monumentale Glasgemälde der luxemburgischen Künstler Julien und Nina Lefèvre wurden angeschafft, der Eingangsbereich wurde neu gestaltet und zwei neue Nebenkapellen wurden dem Bau angefügt.

Schliesslich konnte auch eine neue Orgel in Auftrag gegeben werden. Orgelbauer Joseph Schilling (1904-1952) aus Cruchten (er hat insgesamt nur acht Orgeln gebaut, da er bereits mit 48 Jahren unerwartet starb) fiel diese nicht leichte Aufgabe zu. Denn in der Nachkriegszeit eine Orgel zu bauen, war sozusagen die Quadratur des Kreises. Fast alle benötigten Materialien für das neue Werk waren – wenn überhaupt – nur unter schwersten Bedingungen zu beschaffen, so z.B. Zinn (für gute Metallpfeifen unerlässlich), ebenso elektrische Kontakte und Kabel oder erstklassiges Holz und vieles mehr. Der Spieltisch war beispielsweise ein Sammelsurium verschiedenster Teile, mangels besseren Materials. Dennoch gelang es Schilling bereits 1948 sein Opus 1 fertig zu stellen. Diese Orgel wurde am 11. Juli des gleichen Jahres eingeweiht.

Sie hatte eine elektrische Traktur und folgende Disposition:

 

Hauptwerk (I):

Prinzipal 8' - Nachthorn 8' - Viola 4'

Schwellwerk (II):

Quintatön 16' - Konzertflöte 8' - Gemshorn 8' - Rohrflöte 4' - Sesquialter 2 2/3'

Pedal:

Subbass 16'

Koppeln:

II-I / Super II / Sub II-I / Super I-I / Super II-II

Die neue Orgel war von Anfang an ein bescheidenes Instrument. Klanglich konnte sie wohl nie so recht überzeugen. Störender aber war die asthmatische Windanlage sowie die Pannen und Aussetzer in Technik und Traktur, die sich mit den Jahren vermehrt bemerkbar machten und die ein sauberes Orgelspiel erschwerten, wenn nicht sogar verunmöglichten.

Orgelbauer Guido Schumacher schreibt in einem Brief vom 3. Januar 1995: „Insgesamt gesehen besitzt diese Orgel keinen aussergewöhnlichen musikalischen oder kulturellen Wert. (...) Deshalb sollte sich (...) prinzipiell die Frage gestellt werden, ob die finanzielle Investition in eine Generalüberholung zu vertreten ist.“ Dass die Orgel keinen musikalischen Wert hatte, war vielen Menschen bewusst. Aber sie hatte ganz klar einen emotionalen Wert, als Andenken an George Mergenthaler. Man wollte, aus Respekt vor der Spende der Familie Mergenthaler, die Orgel so gut es ging erhalten. So willigte man einer Generalüberholung durch die belgische Orgelbaufirma Schumacher ein. Obwohl der finanzielle Aufwand gross war und das Resultat (wie bereits vom Orgelbauer ehrlicherweise angekündigt) äusserst bescheiden, freute man sich auf die Wiedereinweihung der Orgel am 16. Juli 1995. Bei diesen Arbeiten wurde auch der Spieltisch, der ursprünglich in der Mitte vor der Orgel stand (mit Blick zum Altar) seitlich versetzt, um so mehr Platz für die Sänger zu gewinnen.

Inzwischen war aber auch am Bauwerk der Kirche die Zeit nicht spurlos vorübergegangen. Schon in den 80er Jahren wurde das bemerkenswerte Barockmobiliar einer gründlichen Auffrischung unterzogen. Der Innenraum wurde 2000 grundlegend renoviert. Die elektrischen Installationen wurden gänzlich erneuert, eine neue Fussbodenheizung (nebst einem neuen Belag aus Schieferplatten) und eine neue Beschallungsanlage installiert. Der Raum gewann wieder seine ursprüngliche Schönheit zurück durch die Freilegung, resp. Rekonstruktion und Restaurierung der Wandmalereien von Jean Neumanns (+ 1973), welche das Raumbild seit 1924 bestimmen. Der ganze Raum wurde in Mineralfarben neu gefasst, passend zu den vorhandenen Malereien, und neu beleuchtet. Zum Abschluss der Arbeiten wurde der neue Zelebrationsaltar und das Lesepult im vorderen Chorraum aus Elementen der früheren Kommunionbank zusammengefügt, welche vom Bildhauer J. Peters von Lameschmühle stammen. Am 18. Februar 2001 wurde der neue Altar von Mgr. Fernand Franck feierlich konsekriert.

Die gesamte Glockenanlage nebst Steuerung wurde 2002 gründlich erneuert, das Dach des Kirchenschiffes, der Kapellen und der Sakristei wurde 2003 neu gedeckt (der Turm war bereits seit geraumer Zeit neu eingedeckt worden) und die Fassade wurde kürzlich neu gestrichen.

Die einzigartige festliche Schönheit der restaurierten Kirche konnte aber nicht über den Zustand der Orgel hinwegtäuschen. Im Gegenteil, die Schilling-Orgel passte nun noch weniger als vorher in den Raum, weder im Klang noch in ihrem Aussehen. Ausschlaggebend war aber vor allem der erbärmliche Zustand der elektrischen Traktur, die das Spielen der Orgel stark beeinträchtigte. Da die letzte Generalüberholung eine grosse Enttäuschung und Ernüchterung war, wurden sich die Verantwortlichen nun schnell einig darüber, dass es so nicht mehr weiter gehen konnte. Der Rat von Experten und neun verschiedenen europäischen Orgelbauern wurde eingeholt: Manufactures d´Orgues Luxembourg (L), Manufactures d´Orgues Thunus Sarl (B), Orgelbau Weimbs GmbH (D), Orgelbau Rieger (A), Orgelbau Mathis (CH), Orgelbau Seifert (D), Orgelbau Eisenbarth (D), Orgelbau Lohmann (D) und Orgelbau Hugo Mayer (D). Das Urteil war einstimmig: Nur ein Neubau konnte hier die Lösung sein, eine nochmalige Revision der Schilling-Orgel wäre eine sinnlose Geldverschwendung.

Die Gemeindeverwaltung, besonders der Bürgermeister und der Schöffenrat, setzen sich ein, das begonnene Werk der Kirchenrestauration würdig abzuschliessen, und versprachen der Kirchenfabrik substanziell zu helfen. Somit konnte ein Neubau ins Auge gefasst werden, welcher zu einem Teil durch Spenden und staatliche Bezuschussung, zum anderen Teil durch eine Vorfinanzierung der Gemeindeverwaltung von Eschweiler getragen werden würde.

 

Folgende Ursachen und Bedingungen untermauerten den Entschluss zur Anschaffung einer neuen Orgel:

  • der würdige Abschluss der erfolgreichen Restaurationsarbeiten

  • die adäquate Begleitung des Gesangs in Liturgie und Konzert

  • die Möglichkeit, in der Gemeinde wenigstens eine Pfeifenorgel für Konzerte zur Verfügung zu haben

  • die einmalig künstlerische und kulturelle Bereicherung für die Gemeinde (und Pfarrei) Eschweiler

  • das Andenken George Mergenthalers und seiner Familie

 

Nach Abwägung der Kostenvoranschläge und nach dem Einverständnis der staatlichen und kirchlichen Behörden wurde eine neue Orgel am 1. Februar 2003 beim Orgelbaumeister Wolfgang Eisenbarth aus Passau in Auftrag gegeben. Die alte Orgel wurde abgetragen und nach Polen abtransportiert, wo sie wenigstens teilweise wiederverwendet wird (und so vielleicht einer weniger bemittelten Kirche einen kleinen Dienst erweisen kann). Beim Abbau der Orgel trat so manche (böse) Überraschung zu Tage. Einige Holzteile waren im Laufe der Jahre durch Eintreten von Wasser (Fensterrosette) richtig morsch geworden. Die Empore musste auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft, mit einem neuen (unsichtbaren) Stahlträger verstärkt und im Bereich des Spieltisches geringfügig erweitert werden. Als abschliessende Vorbereitung zur Aufnahme der neuen Bewohnerin wurde ein neuer Boden verlegt.

Inzwischen begannen die Arbeiten in Passau. Ab Ostern 2004 arbeiteten ca 20 Mitarbeiter während fast 4 Monaten an dem neuesten Werk der renomierten Orgelbaufirma. Es ist Wolfgang Eisenbarth hoch anzurechnen, dass er eigens ein Register als Hommage an George Mergenthaler nach ihm benannte und baute. Dieses Register ist aus Eiche und Elsbeere in amerikanischer Bauart und pyramidaler Form ausgeführt.

Ende Juli wurde die Orgel in ihren Einzelteilen angeliefert und auf der Empore aufgebaut. Die letzte und wichtigste Aufgabe war die Intonation der über tausend Pfeifen, die gut zwei Wochen in Anspruch nahm. Zum Hochfest von Maria Himmelfahrt erklang die neue Eisenbarth-Orgel zum ersten Mal. Mit der feierlichen Einweihung der Orgel am 26. September 2004 durch Erzbischof Fernand Franck wird ein vorläufiger Schlussstrich gezogen unter eine langjährige und durchaus gelungene Restaurierungsphase. Die Orgelfrage dürfte zumindest – so will man doch hoffen – für die nächsten hundert Jahre gelöst sein.

Die St. Mauritius-Kirche von Eschweiler präsentiert sich nun in einer vollendeten Schönheit, in prächtigen Farben und Klängen, in einer Symbiose, die ihresgleichen sucht. Obwohl die Pfarrei Eschweiler auf eine lange Geschichte zurückblickt, kann man ohne zu übertreiben sagen, dass diese Kirche wahrscheinlich noch nie in ihrer Gesamtheit solch eine Harmonie austrahlte. Damit kommt sie ihrer nobelsten Aufgabe nach: Raum und Klang laden zum Verweilen ein, um Gott dem Schöpfer und sich selber näher zu kommen und zu begegnen. Deshalb kann unser Dank nicht gross genug sein an alle, die dieses kleine Wunder ermöglicht haben und die keine Kosten und Mühen gescheut haben, dass das gute Werk gelingen konnte.

Francis Erasmy, Pfarrer

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